Im Zuge meiner Beschäftigung mit dem Thema Bewässerung habe ich mich auch in das Thema richtiges Gießen vertieft. Dabei habe ich so manche überraschende Erkenntnis gewonnen, die stark von dem abweicht, wie es landläufig zumeist gehandhabt und als richtig gesehen wird.

Zu welcher Tageszeit soll man gießen?

Am besten in der Früh oder am Abend. Man vermeidet damit, dass ein großer Teil des ausgebrachten Wassers in der Mittagssonne verdunstet. Wobei der Morgen dem Abend noch vorzuziehen ist. Denn gießt man zu spät am Abend, bleibt die Feuchtigkeit über die Nacht im Boden und begünstigt Pilzbefall. Zudem zieht die verbliebene Nässe Nacktschnecken an.

Ins Reich der Märchen gehört die Info, dass Gießen zur ärgsten Mittagshitze aufgrund eines Linseneffekts der Wassertropfen den Rasen verbrennt. Ich kenne niemanden, der das jemals geschafft hätte und lt. Internetquellen ist es auch physikalisch gar nicht bzw. nur unter extremen, sehr seltenen Bedingungen möglich. Trotzdem macht es, siehe oben, im Normalfall einfach keinen Sinn.

Mein Tipp: Gießen Sie in den frühen Morgenstunden!

Wie oft soll man gießen?

Die richtige Bewässerungsdauer und -häufigkeit ist die wesentliche Entscheidung

Hier besteht der häufigste Irrtum! Auf keinen Fall jeden Tag 15 Minuten! Das ist völlig unsinnig und vergeudet Wasser. Warum? Der Rasen benötigt pro Woche je nach Jahreszeit ca. 15 bis 20 Liter Wasser je Quadratmeter (lockerer Sandboden) bzw. 20 bis 25 Liter (lehmiger Boden). Je Quadratmeter gegossenem Liter dringt das Wasser ca. 1 cm tief in die Erde ein. Teilt man 15 Liter also z.B. auf die Woche auf und gießt täglich ca. 2 Liter, so kommt das Wasser gerade einmal 2 cm tief. Die Rasenwurzeln dringen jedoch bis zu 15 cm tief in die Erde vor, sodass die tieferen Wurzeln bei dieser Gießmethode nie Wasser erhalten. Eine Folge des ständigen kurzen Gießens ist, dass die tiefliegenden Wurzeln verkümmern und sich die Wurzelzone zunehmend in die höheren Schichten verlagert. Der Rasen wird dadurch weniger widerstandsfähig, weil er Wasser aus tieferen Schichten nicht mehr aufnehmen kann. Das ständige Gießen wird damit zum Muss.

Zudem geht beim kurzen Gießen jeweils ein verhältnismäßig großer Anteil des Wassers an der Oberfläche durch Verdunstung verloren, noch bevor er überhaupt ins Erdreich kommt.

Mein Tipp: Wässern Sie Ihren Rasen 1 mal in der Woche ordentlich ein. Das kann durchaus – je nach Bewässerungsmethode – bedeuten, diesen ca. 1 Stunde lang oder länger zu gießen. Kontrollieren Sie den Wasserverbrauch innerhalb des Gießzeitraums und rechnen Sie diesen auf die bewässerten Quadratmeter um, dann wissen Sie wie viele Liter jeder Quadratmeter erhalten hat. Jeder Quadratmeter sollte je nach Jahreszeit (siehe unten) 15 bis 25 Liter Wasser erhalten.
Nur in absoluten Hitzeperioden (mehrere Tage lang 30 Grad oder mehr) empfehle ich ein Abgehen von dieser Methode, da es der Rasen in diesen Ausnahmephasen mit extremer Verdunstung nicht so lange ohne neues Wasser aushält: In solchen Fällen empfiehlt es sich, die Gesamtwassermenge noch einmal um zumindest 20% zu erhöhen und 2 mal die Woche jeweils die Hälfte der Menge zu gießen.

Von falscher auf richtige Bewässerung umstellen

Haben Sie Ihren Rasen über längere Zeit wie oben beschrieben falsch bewässert, also in kurzen Abständen statt wöchentlich, dann dürfen sie die Bewässerung nicht abrupt umstellen. Ihr Rasen ist verwöhnt und erwartet die tägliche kleine Dosis. Sie müssen ihn behutsam und schrittweise über mehrere Monate an die neue Bewässerungsmethode heranführen. Ihr Rasen bildet sodann sukzessive längerer Wurzeln und lernt kurze Trockenperioden unbeschadet zu überstehen. Er wird damit widerstandsfähiger und weniger anfällig gegen Krankheiten.

Spatentest

Wenn Sie unsicher sind, ob Ihre Bewässerungsdauer korrekt ist und das Wasser den Boden tief genug bewässert, dann können Sie das mit Hilfe des Spatentests überprüfen: Einfach einige Stunden nach erfolgter Bewässerung an einer Stelle mit dem Spaten eine Scheibe Erde ausstechen. Die Erde sollte bis in 15 cm Tiefe feucht sein (an der dünkleren Färbung zu erkennen).

Gießen von Kübelpflanzen

Pflanzen, die in Behältern gezogen werden, können im Unterschied zum Rasen oder zu Beetpflanzen keine tiefen Wurzeln bilden und müssen daher auch öfters, im Hochsommer teils täglich, gegossen werden. Regel: Je kleiner der Behälter, desto mehr Wasser wird benötigt. Kübelpflanzen können alternativ auch in Wasser getaucht werden. Dazu stellt man den Kübel komplett in einen Wassereimer, bis sich das Erdreich der Pflanze mit Wasser vollgesogen hat.

Gießen von frisch angelegtem Rasen

Auch hier gilt der zuvor empfohlene Rhythmus nicht! Neu gesäter, noch nicht angewachsener Rasen benötigt in der Anfangszeit mehrmals pro Tag Wasser, damit die Keimlinge nicht austrocknen. Erst wenn der Rasen gut angewachsen ist, kann auf die empfohlene Gießart umgestellt werden.

Wie viel soll man gießen?

Das hängt von der Jahreszeit und von der Beschaffenheit des Bodens ab, als Anhaltspunkt können die folgenden Wert gelten:

April, Mai: 15 Liter/Quadratmeter
Juni bis August: 20 bis 25 Liter/Quadratmeter
September, Oktober: 10 bis 15 Liter/Quadratmeter

Der natürliche Niederschlag ist von dieser Menge abzuziehen! Wenn man diesen nicht schätzen, sondern genau wissen möchte, kann man sich mit einem Regenmesser helfen. Hier reicht ein ganz einfaches Modell, das man für wenige Euro erhält. Dieses wird an einer freien Stelle im Garten platziert. Regnet es, füllt sich der Regenmesser auf und zeigt damit die Regenmenge an. Nach dem Gießen wird er ausgeleert und damit wieder auf Null gestellt. Im Anschluss einige solcher Modelle bei Amazon:

Die angegebenen Mengen gelten für den Rasen. Rasenstellen unterhalb einer Baumkrone haben einen höheren Wasserbedarf, da der Baum einen Teil des gegossenen Wasser wegtrinkt. Bei anderen Pflanzen gilt tendenziell die Regel: Je größer die Pflanze, umso größer der Wasserbedarf. Mediterrane Pflanzen, die man z.B. im Steingarten hat, weichen davon aber ab, diese brauchen prinzipiell – wenn sie im Freien stehen und Regenwasser abbekommen – gar nicht extra gegossen zu werden.

Gießen des Gemüsebeets

Auch beim Gemüsebeet bietet sich wie beim Rasen eine nur wöchentliche aber dafür umfangreiche Bewässerung an. Der Wasserbedarf ist etwas niedriger und beträgt ca. 10 Liter/Quadratmeter.

Wie soll man gießen?

Beim Rasen passt die Bewässerung mit Regnern, bei Büschen, Sträuchern und Hecken sollte man hingegen eine Bewässerung des Blattwerks vermeiden. Das Wasser verdunstet dort besonders stark und kann – wenn die Blätter über Nacht nicht trocknen – zu Pilzkrankheiten führen. Effizienter und besser ist daher eine Bewässerung des Bodens unterhalb der Pflanzen. Als automatisierte Lösung bieten sich dazu Tropfschläuche an. Das richtige Gießen von Hecken beschreibe ich detailliert in einem separaten Blogbeitrag.

Kann man zu viel gießen?

Ja, auch das ist möglich, kommt aber eher selten vor. Ein zu viel an Wasser kann zu einem Verfaulen der Rasenwurzeln führen. Man merkt es daran, dass der Boden stinkt oder blau verfärbt ist.

Auch wenn es dem Rasen nicht schadet, sollte man aber in jedem Fall versuchen, die Bewässerung auf das notwendige Maß zu reduzieren, um kein Wasser zu verschwenden und den eigenen Geldbeutel zu schonen. Ein sehr wesentlicher Faktor ist hierbei die Verwendung eines modernen Bewässerungssystems, das für eine möglichst gleichmäßige Bewässerung sorgt. Ein solches System ist z.B. der Hunter MP-Rotator.

Muss man auch im Winter gießen?

Normalerweise nicht. Wenn es allerdings im Winter lange Trockenperioden ohne Niederschlag gibt, dann sollte man immergrüne Pflanzen und den Rasen sehr wohl gießen, um Schäden durch Wassermangel zu vermeiden. In vielen Fällen ist ein auf den harten Winter zurückgeführtes Pflanzensterben in Wirklichkeit eine Folge des Austrocknens der Pflanzen.