Der Trend zur Nutzung von Zweileiter-Bewässerungssystemen kommt aus den USA und gewinnt dort im Profi-Bereich zunehmend an Bedeutung. Hier erkläre ich was ein Zweileiter-System von einem konventionellen System unterscheidet und welche Vor- und Nachteile es hat.

Zweileiter-Systeme existieren prinzipiell schon seit vielen Jahren und wurden bisher vor allem in der Golfindustrie genutzt. In den USA verbreiten sich diese nun auch zunehmend im privaten und gewerblichen Bereich, was auch damit zu tun hat, dass mittlerweile auch immer mehr Bewässerungs-Professionisten mit dieser Technik vertraut sind.

Der Unterschied eines Zweileiter-Systems zu einem traditionellen Bewässerungssystem besteht darin, dass alle Magnetventile und Sensoren mit dem gleichen aus zwei Adern bestehenden Kabelstrang mit dem Bewässerungscomputer verbunden werden. Die zwei Adern führen also vom Bewässerungscomputer zuerst zum ersten Magnetventil, von dort weiter zum zweiten, dann zum dritten usw. usf.

Im Unterschied zu einem traditionellen System, bei dem vom Bewässerungscomputer weg jeweils eine Ader, über die das Ventil gesteuert wird, zu jedem Magnetventil geführt wird. Und zusätzlich eine gemeinsame Ader als Nullleiter. Werden in einem Bewässerungssystem also beispielsweise 8 Magnetventile verwendet, dann werden insgesamt 9 Adern benötigt, besteht es aus 20 Magnetventilen, dann werden 21 Adern benötigt. Soll ein Magnetventil geschaltet werden, dann sendet der Bewässerungscomputer über das mit dem Ventil verbundene Kabel Spannung.

Im Anschluss habe ich das in einer vereinfachten Art und Weise graphisch dargestellt. Links der Bewässerungscomputer, daneben die daran angehängten Magnetventile und dazwischen die Kabelverbindung:

Konventionelles System, für jedes zusätzliche Magnetventil kommt eine zusätzliche Ader hinzu, der Nullleiter wird gemeinsam genutzt

Zweileiter-System, alle Magnetventile werden über Decoder an ein zweipoliges Kabel angeschlossen

Bei einem Zweitleiter-System benötigt man unabhängig von der Anzahl der angeschlossenen Ventile und Sensoren immer nur 2 Adern. Das System ist intelligent und kommuniziert automatisch mit dem richtigen Empfänger. Das funktioniert mit zusätzlichen Decodern, die jedem Magnetventil und jedem Sensor vorangestellt werden und eine individuelle Adresse haben. Möchte man ein Magnetventil schalten, dann spricht der Bewässerungscomputer den Decoder, der dem gewünschten Ventil vorgeschaltet ist an und dieses öffnet das Ventil.

Das Zweileiter-System ist zudem anders als das konventionelle System keine Einbahn, sondern ermöglicht Zwei-Wege-Kommunikation. Der Decoder kann also nicht nur Befehle empfangen, sondern er kann auch Informationen an den Bewässerungscomputer zurücksenden. So können Statusinformationen von Ventilen und Sensoren rückgemeldet werden und moderne Bewässerungscomputer können darauf basierend automatische Warnmeldungen versenden, sollte es ein Problem geben.

Zudem ist die Erweiterung eines bestehenden Systems wesentlich einfacher als beim konventionellen System möglich. Beim konventionellen System müsste vom Bewässerungscomputer weg bis zum neu hinzugefügten Magnetventil ein neues Kabel gezogen werden, beim Zweileiter-System kann man dieses einfach vom am nähest gelegenen Punkt der bestehenden Bewässerung weiterführen. Das kann unter Umständen viel Arbeitsaufwand für Grabungsarbeiten sparen. Alternativ können in einem Zweileiter-System wenn gewünscht auch ein zweiter und dritter 2-Leiter-Kabelstrang angelegt werden, wenn das vorteilhafter ist als den bestehenden weiterzuführen.

Die Nutzung eines Zweileiter-Systems bringt zusammenfassend die folgenden Vorteile mit sich.

Vorteile eines Zweileiter-Bewässerungssystems:

  • Es wird weniger Kabel benötigt und somit werden Kosten für die immer teurer werdenden Kupferkabel gespart
  • Bei sehr umfangreichen Bewässerungslösungen kann man mit einem Computer eine viel höhere Anzahl an Ventilen steuern (200 und mehr). Konventionelle Computer gehen in der Regel bis maximal 54 Ventile. Das spart Kosten für zusätzliche Bewässerungscomputer und ermöglicht, alles zentral an einem Computer zu steuern.
  • Zweileiter-Systeme haben eine deutlich größere Reichweite als konventionelle Systeme, es können also auch sehr weit entfernte Ventile/Sensoren angeschlossen werden.
  • Die Zwei-Wege-Kommunikation ermöglicht das Zurückmelden von Problemen, sodass diese vorzeitig erkannt und behoben werden können
  • Nachträgliche Erweiterungen des Systems sind sehr einfach möglich

Im Gegenzug haben Zweileiter-Systeme aber auch Nachteile im Vergleich zu konventionellen Bewässerungssystemen.

Nachteile eines Zweileiter-Bewässerungssystems:

  • Es wird ein eigens dafür geeigneter Bewässerungscomputer und eigens dafür passende Komponenten benötigt (Ausnahme siehe weiter unten). Diese agieren nicht mit der üblichen 24 Volt Wechselstrom Spannung sondern mit 30 Volt Gleichstrom. Eine Nutzung mit bestehendem Komponenten ist somit nicht möglich.
  • Jedem Magnetventil und jedem Sensor muss ein Decoder vorangestellt werden, der praktisch als deren Gehirn fungiert. Dafür fallen zusätzliche Kosten an.
  • Ist der Zweileiter-Kabelstrang an einer Stelle beschädigt, dann fallen auf einen Schlag alle Ventile und Sensoren, die sich nach dieser Stelle befinden aus. In einem solchen Fall ist somit ein sehr schnelles Reagieren notwendig und es sollte genau dokumentiert sein, wie der Kabelstrang unter der Erde verläuft.
  • Zweileiter-Systeme haben hohe Anforderung an die Installation. Es muss hochwertiges Kabel mit doppelt ummanteltem, isoliertem und verdrilltem Draht und massivem Kern verwendet werden. Der Mantel sollte aus Polyethylen und nicht aus PVC sein. Die Anschlussstellen müssen zudem wasserdicht ausgeführt werden und die Decoder müssen, um sie vor statischer Aufladung zu schützen, mit Erdungsstäben geerdet werden.

Es fällt im Gegenzug zu den möglichen Einsparungen also schon auch einiges an zusätzlichem Aufwand an. Zudem gestaltet sich die Installation komplexer, so dass diese in jedem Fall durch einen Fachmann ausgeführt werden sollte und auch hier hat man deutlich weniger Auswahl, da nicht alle Professionisten auf dieses System geschult sind. In Fachkreisen wird ein Zweileiter-System ab einer Systemgröße von ca. 25 bis 35 Sektoren als die günstigere Alternative zu einem konventionellen Bewässerungssystem angesehen.

Zweileiter-Systeme werden von den großen Herstellern wie Rain Bird und Hunter angeboten. Hunter bietet den ACC2-Decoder (75 bis 225 Sektoren) und das ACC-99D Decodersteuergerät (bis 99 Sektoren), Rain Bird hat das Zweileiter-Steuergerät ESP-LXIVM (60 bis 240 Sektoren) und das Zweileiter-Decoder-Steuergerät ESP-LXD (50 bis 200 Sektoren) im Sortiment.

Aufgrund der hohen Anforderungen an Installation und zu verwendende Materialien, verbunden mit der daraus resultierenden Sinnhaftigkeit erst für sehr große Projekte, spielen Zweileiter-Systeme für den typischen Privatanwender aktuell noch kaum eine Rolle. Das könnte sich aber in den nächsten Jahren ändern, denn in Herstellerkreisen wird das Zweileiter-System als das System der Zukunft angesehen. Hunter hat Ende 2019 mit der Einführung seines EZ Decoder Systems (EZDS) einen wichtigen Schritt hin zur Attraktivierung des Zweileiter-Systems für den Privatbereich gemacht. Das EZ System (gesprochen “easy” also zu deutsch “einfach”) kann nachträglich in eine bestehende Lösung eingebaut werden und vermeidet viele der bisherigen Nachteile eines Zweileiter-Systems.

EZ Decoder System von Hunter

Für dieses wird kein eigener Zweileiter-Bewässerungscomputer benötigt, sondern es können bestehende Bewässerungscomputer der Serien Pro-C, HCC und ICC2 mit einem zusätzlichen Erweiterungsmodul auf ein Zweileiter-System umgerüstet werden bzw. ist auch eine Hybridlösung möglich, also einen Teil der Ventile mittels konventionellem System und den anderen Teil mittels Zweileiter-System zu steuern.

Zur Umrüstung wird das Erweiterungsmodul mit dem bestehenden Computer verbunden und vom Erweiterungsmodul weg dann der Zweileiter-Kabelstrang zu den Magnetventilen und Sensoren geführt. Dabei können anders als in bisherigen Lösungen die bestehenden Ventile und Sensoren weiter verwendet werden, da das EZ Decoder System mit der gleichen 24 V Spannung arbeitet wie die konventionellen Systeme. Auch können bestehende Kabel eingesetzt werden. Den Ventilen und Sensoren muss nur jeweils ein Decoder, der EZ1 vorangestellt werden, damit sie die für die Zweileiterlösung notwendige eindeutige Adresse erhalten.

Auch die in bisherigen Zweileiter-Systemen sehr hohen Anforderungen an die Installation entfallen: Es kann normales Kabel verwendet werden und es ist keine Erdung der Decoder erforderlich.

Pro-C Computer können mit einem PC-DM Modul in ein Zweileiter-System umgerüstet werden. An dieses können bis zu 28 Decoder angehängt werden. HCC und ICC2 Computer werden mit einem EZ-DM Modul umgerüstet, dieses ermöglicht bis zu 54 Decoder.

Das EZDS System bietet eine vergleichsweise günstige und vor allem recht einfache Möglichkeit, auf ein Zweileiter-System umzusteigen bzw. auch im ersten Schritt einmal nur Teile des Systems darauf umzustellen. Die Funktionalität des Bewässerungscomputers bleibt bei einer Umrüstung komplett erhalten. Von Rain Bird gibt es aktuell noch kein Äquivalent zum EZDS-System, es ist aber anzunehmen, dass bald nachgezogen wird.

Meine Sicht der Dinge: Die Einführung des EZDS Systems ist ein wichtiger Schritt und könnte der Verbreitung von Zweileiter-Systemen im Privatbereich einen starken Schub verpassen. Ein gewisser Hemmschuh könnte aus meiner Sicht aber noch der recht hohe Preis für die EZ1 Decoder sein, die aktuell um ca. 50 bis 60 Euro je Stück im Handel angeboten werden. Da pro Magnetventil ein Decoder benötigt wird, summiert sich das ganz ordentlich. Hier darf man auf zukünftige Preissenkungen hoffen.